Bilder lesen, wie geht das?
Führungen in der Ausstellung „Hiob und Ikarus“ , Kunstgalerie peregrinus e.V.
Wer kennt das nicht: Ratlos steht man vor Kunstwerken und wendet sich rasch wieder ab, weil man keinen Sinn darin erkennen kann. „Auch mir geht das immer mal wieder so“, so Tilmann Wolf, Galerist der Kunstgalerie peregrinus in Scheidegg, „und die laufende Ausstellung mit Lithographien von Angelika Flaig erschließt sich nicht auf den ersten flüchtigen Blick.“
Darum bietet die Galerie jedem Besucher (Erwachsene, aber auch Kinder und Jugendliche, die Interesse am Malen, Modellieren o.ä. haben), der sich voranmeldet, auf Wunsch eine besondere Führung an: Zum einen werden die Hintergründe der Bildmotive , der Geschichten von Hiob und von Ikarus erläutert. Hiob, eine Figur der Biblischen Überlieferung, sehr wohlhabend, gottesfürchtig und rechtschaffen, stürzt in abgrundtiefes Elend. Die Frage „wie kann das sein, wenn Gott doch die Guten belohnt und die Bösen bestraft?“ treibt Hiob und seine Freunde um. „Warum nur …“ und sie finden keine schlüssige Antwort. Erst als sich einer der Freunde von dieser „warum-Frage“ löst, wandelt sich die Wahrnehmung und das Schicksaal. Ikarus flieht mit seinem Vater Dädalus mit selbstgebauten Flügeln aus der Gefangenschaft auf der Insel Kreta. Aus Unachtsamkeit und Übermut stürzt Ikarus ins Meer und ertrinkt. Beide Geschichten haben überraschend starke Beziehungen zu den Problemen, die uns heute bewegen.
Die Bilder von Angelika Flaig zeigen keine Bildergeschichte, die nacheinander die Stationen der jeweiligen Erzählung illustriert. Jahrelange Bühnenarbeit im Bereich „Performance“ auf großen und kleinen Theaterbühnen prägt auch ihre Arbeit im bildnerischen Bereich, so dass ihre Bilder ähnlich einer szenisch-abstrakten Vorführung gelesen werden können. Das klingt kompliziert, aber jeder von uns hat darin Übung. Wer kennt nicht z.B. die Situation im Auto bei Nacht und regennasser Straße mit Gegenverkehr. Schemenhafte Umrisse interpretieren wir spontan z.B. als dunkel gekleidete Person am Straßenrand. Lassen Sie sich überraschen, wie sich so ähnlich und erlebnisreich Bilder lesen lassen, die auf den ersten Blick einfach nur „abstrakte Kleckse“ zu sein scheinen.
Das Angebot gilt bis zum Ende der Ausstellung am 12. September 21.